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We occasionally get detailed descriptions of people’s personal experiences with Lazy Eye.  If those contributors like, we publish them in an anonymised form….

Ich selber habe recht komplexe und wechselhafte Probleme mit der Augenkoordination und habe die Erfahrung gemacht, dass ich damit bei der aktuellen Lehrmeinung an Grenzen stosse und bei den Strabologen/Neuroopthalmologen, die ich in Deutschland kontaktiert hatte, leider kein Interesse an meinem Fall besteht. Ich habe selber versucht, meine Beschwerden zu beobachten, Korrelationen zu erkennen, mich mit Mitpatienten (mit z.T. ähnlicher Symptomatik) und auch mit Ärzten an dieser Schnittstelle auszutauschen.

Mein Eindruck der aktuellen Lehrmeinung ist, dass folgende Denkfehler weitere Fortschritte erschweren:
falsch negative Befunde (Unterschätzen der Kompensationsmechanismen des Hirns)
Fixierung auf Augen und Hirnnerven – außer Acht lassen des restlichen Hirns, einschliesslich des Hirnstamms
dynamische Prozesse werden nicht beachtet; Tendenz, sich nur für statische Beschwerden (dauerhafte Schädigungen) zuständig zu fühlen
konkret damit verbunden: was nicht statisch ist oder nicht in bekannte Muster passt, wird – wie leider oft in der Medizin – als “nicht pathologisch”/”idiopathisch” oder gar “psychogen” abgetan und wird damit aus der Forschung tendentiell ausgeschlossen – damit geht die Möglichkeit, an diesen Outliern das aktuelle Wissen zu erweitern und zu falsifizieren, verloren
Ich habe als Grunderkrankung das hypermobile Ehlers-Danlos Syndrom, das noch unvollständig erforscht ist. Eine der Komplikationen ist eine Instabilität zwischen Kopf und den oberen Halswirbeln, die seit einigen Jahren recht ausgeprägt ist. Beides hat vermutlich eine hohe Dunkelziffer und ist noch unvollständig verstanden. Meine Augenkoordinationsprobleme korrelieren mit einem verschobenen Gefühl der Halswirbel im kraniozervikalen Übergangsbereich und z.T. mit Kopfpositionen (zeitlicher Zusammenhang: HWS-Probleme bzw. Kopfstellungen -> Augenkoordinationsprobleme). An Tagen mit stark subluxiertem Gefühl im Bereich der oberen Halswirbelsäule (was in meinem Fall mit zusätzlichen Ausfallerscheinungen aus oberem Rückenmark und Hirnstamm korreliert) kommt es bei mir teilweise auch zu komplexen Augenkoordinationsstörungen, komplexen Nystagmen, entkoppelten Augenbewegungen. Andere Patienten mit dem Krankheitsbild berichten von ähnlichen Erfahrungen. Forschung dazu ist mir bislang nicht bekannt.

Ein Neurochirurg erklärte mir dazu einmal, dass der Fasciculus Longitudinalis Medialis für die Koordination der beiden Augen zuständig ist und auf Höhe der oberen Halswirbelsäule bis hinunter ins obere Rückenmark geht. So ist es denkbar, dass diese Struktur bei Fehlstellungen der oberen Halswirbelsäule (rückgeneigter Dens Axis, abgeflachter clivoaxialer Winkel) dynamisch/vorübergehend/wechselhaft beeinträchtigt werden kann. Dies deckt sich mit meiner Wahrnehmung. Das Thema kraniozervikale Instabilitäten per se ist komplex, und ich vermute, dass es an dem Punkt für die Forschung noch viel zu lernen gibt.

An besseren Tagen kann ich viel kompensieren; bei längeren Untersuchungen, bei denen die Kompensationsmechanismen meines Hirns ausgeschaltet werden und irgendwann ermüden (wie z.B. beim Optiker) lassen sich meine Probleme aber aufdecken. Die Bilder von linkem und rechtem Auge driften dann dynamisch auseinander, werden mal links, mal rechts ausgeblendet. Bunte Schrift auf dunklem Hintergrund ist für mich im Randbereich sehr unangenehm – also einiges, was auch im Talk Erwähnung fand. Flackernde, stroboskopische Lichter übrigens ebenso (wobei ich keine Epilepsie habe).

Mir ist eine Sache als Feedback wichtig:
Ich bin der Meinung (aufgrund meiner eigenen Erfahrungen und des Hinweises auf die Neuroanatomie), dass Kopfbewegungen bei manchen Patienten ein confounding factor hinsichtlich Augenkoordinationsproblemen sein könnten. Es wäre interessant, das weiter zu überprüfen, und natürlich wäre auf die App bezogen die Frage, ob und wie sich Lösungen umsetzen lassen könnten, bei denen eine neutrale Kopfhaltung eingenommen werden kann.

Insgesamt würde ich mich freuen, wenn sich Ärzte und Forscher finden würden, die bereit sind, etablierte Lehrmeinungen in diesem Bereich in Frage zu stellen und die Interesse an Fällen wie meinem hätten. Es ist mir ein Herzensanliegen, dass Krankheitsbilder wie meines besser verstanden werden, und ich finde Forschung dazu sehr wichtig. Wenn die Informatik dazu Anregungen einbringen kann und in Kontakt mit der Medizin steht: Um so besser. Neue Sichtweisen und der Mut, etablierte Lehrmeinungen mittels Falsifikation zu überprüfen, tun manch etabliertem Forschungsfeld – gerade auch in der Medizin – sicher gut.

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